Hintergründe

Klavierstadt Hannover

Zwei ganz unterschiedliche Konzertsäle und ein Ausbildungsinstitut von Weltrang: Hannover ist ein Traum für Tastenfans aus aller Welt.

Flügel von Steinway & Sons auf der Bühne der Elbphilharmonie Hamburg © Sebastian Madej/Deutsche Klassik

„Ich liebe die Lage des Sendesaals am Wasser. Es ist ein wunderbarer Ort für einen Klavierabend, weil man einfach sehr nah beieinander ist“, schwärmt der kanadische Pianist Jan Lisiecki von Hannovers denkmalgeschütztem NDR-Sendesaal mit seinem grandiosen Ausblick über den Maschsee. Und er ist nicht der einzige Tastenkünstler, für den Auftritte in dem markanten weißen Würfel fester Bestandteil des Konzertkalenders sind. Größen wie Igor Levit, Rudolf Buchbinder und die Brüder Lucas und Arthur Jussen gehören ebenfalls zu den regelmäßigen Gästen in dem Saal mit der fantastischen Akustik. 

Ich liebe die Lage des Sendesaals am Wasser. Es ist ein wunderbarer Ort für einen Klavierabend, weil man einfach sehr nah beieinander ist
Jan Lisiecki

Die Saison 2025/26 bildet hier natürlich keine Ausnahme: Im Rahmen der PRO MUSICA-Reihe Fokus Klavier sind einmal mehr Stars aus aller Welt in Hannover zu Gast. Den Anfang macht im November der Isländer Víkingur Ólafsson. Im Mittelpunkt seines aktuellen Soloprogramms steht Ludwig van Beethovens späte E-Dur-Sonate op. 109. Khatia Buniatishvili präsentiert diese Saison unter anderem Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Franz Schubert und Franz Liszt. Welche konkreten Stücke zu hören sein werden, wird die freiheitsliebende Pianistin im Laufe der Saison entscheiden. Ganz im Zeichen des Tanzes steht dann das Konzert von Jan Lisiecki. Neben Walzern von Brahms und Chopin geht es mit Piazzolla, Albéniz und de Falla in fetzige hispanoamerikanische Gefilde. Und natürlich wäre eine PRO MUSICA-Saison nicht komplett ohne Altmeister Grigory Sokolov – der uns wie üblich mit Spannung erwarten lässt, für welches Programm er sich in seinem Konzert im April entscheiden wird.

Großer Sendesaal des NDR © Sebastian Madej/Deutsche Klassik
Großer NDR Sendesaal © Sebastian Madej/Deutsche Klassik

Doch auch in unseren weiteren Abonnement-Zyklen kommen Klavierfans auf ihre Kosten. Igor Levit bereichert die Internationalen Solisten und Ensembles mit einem Klavierabend, bei dem er zum ersten Mal in seiner Karriere Chopins berühmte Sonate „mit dem Trauermarsch“ öffentlich spielen wird. Daniil Trifonov durchwandert gemeinsam mit Nikolaj Szeps-Znaider kammermusikalische Welten von den leidenschaftlich-romantischen Kompositionen Clara und Robert Schumanns über die konzentrierten Miniaturen Anton Weberns bis hin zu Ludwig van Beethovens himmelstürmend virtuoser „Kreutzersonate“. Das Klavierduo Lucas & Arthur Jussen wird gemeinsam mit den Schlagzeugern Alexej Gerassimez und Emil Kuyumcuyan mit einem besonderen Projekt begeistern. Hier lautet das Motto: kleine Besetzung mit maximaler Wirkung. Effektvolle Klassiker des 20. Jahrhunderts wie Bernsteins Symphonic Dances from West Side Story oder Gershwins Rhapsody in Blue stehen im Zentrum dieses Konzerts.

Herausragende Solist:innen

Übrigens ist der Sendesaal des NDR nur ein Grund für Klavierstars aus aller Welt, immer wieder in die Stadt an der Leine zurückzukehren. Grund Nummer zwei: der neoklassische Kuppelsaal – der größte Konzertsaal Deutschlands. Unter den Augen der goldglänzenden Lichtgöttin, die innen über dem Eingang prangt, gastieren hier im Rahmen der Reihe Internationale Orchester regelmäßig die weltweit besten Klangkörper und ergänzen so das hannoversche Klassik-Angebot um eine Facette von beachtlicher künstlerischer Strahlkraft. Und auch hier sind natürlich regelmäßig herausragende Solist:innen mit von der Partie, die das Publikum mit virtuosen Spitzenleistungen und hochexpressiven Interpretationen begeistern. In der Saison 2025/26 macht Lukas Sternath den Anfang, der gemeinsam mit den Wiener Symphonikern unter der Leitung von Petr Popelka Ludwig van Beethovens erstes Klavierkonzert interpretiert. Bruce Liu ist mit dem City of Birmingham Symphony Orchestra und Tschaikowskys grandiosem ersten Klavierkonzert zu Gast. 

Kuppelsaal Hannover © Frank Aussieker
HCC Kuppelsaal © Frank Aussieker

Hochschule für Musik, Theater und Medien

Womit wir beim dritten Grund wären, warum Hannover von der deutschen Klavierlandkarte längst nicht mehr wegzudenken ist: die Hochschule für Musik, Theater und Medien. Das Weltrenommee der institutseigenen Klavierklasse prägte über Jahrzehnte – genau genommen von 1963 bis zu seinem Tod im Jahr 2012 – der legendäre Karl-Heinz Kämmerling, der neben Igor Levit weitere Größen wie Lars Vogt, Alice Sara Ott oder Ragna Schirmer ausbildete. Igor Levit erinnert sich bis heute gern an die prägenden Jahre, die er als Jungstudent am Institut für Frühförderung (IFF) der Hochschule in Hannover verbrachte. "Ohne Zweifel kann ich sagen, dass die drei Jahre am IFF eine absolut existenzielle Zeit für mich waren. […] Es war diese Herausforderung, dieses Kennenlernen von Musik, dieses Sprechen über Musik, Diskutieren über Musik, ja auch Streiten über Musik (das konnte schon mal ruppig werden) – es war diese Kommunikation, die entscheidend war, und die ich heute als unverzichtbar betrachte. Man lernte zu respektieren, zu kennen und in Verbindung damit zu lieben: Danke hierfür auf ewig!"

[...] Es war diese Herausforderung, dieses Kennenlernen von Musik, dieses Sprechen über Musik, Diskutieren über Musik, ja auch Streiten über Musik [...]
Igor Levit

Und so ist es wohl kein Wunder, dass Igor Levit selbst gern die Gelegenheit ergriff, genau diese Leidenschaft und Liebe zur Musik als Professor für Klavier in Hannover an die nächste Pianist:innengeneration weiterzugeben.
Auch diese ist übrigens in einer eigenen Aboreihe bei PRO MUSICA vertreten: Talente entdecken heißt der Zyklus, in dem man die Stars der Zukunft im Kleinen Sendesaal des NDR bereits heute kennenlernen kann.

 

Dazu gehören in dieser Saison unter anderem der Gewinner der Leeds International Piano Competition 2024 Jaeden Izik-Dzurko und der zweitplatzierten Junyan Chen. Mit Ilya Shmukler und Svetlana Andreeva ist der Reigen der diesjährigen Talente komplett – und Hannover einmal mehr ein Ort, an dem die Klavierkunst in all ihren Facetten einen besonderen Platz auf den Bühnen und in den Herzen des Publikums einnimmt.